Beutenphilosophie oder: 400 Rähmchen als Worstcase!

Da schrieb mir ein junger Imkerkollege:

Das Feld der Magazinbeuten ist für mich zu unübersichtlich. Würde ja mal eine Magazinbeute ausprobieren. Aber bei den vielen Varianten ist mir das irgendwie zu komplex. Das ist bei der Bienenkiste einfacher. Auch wenn die immer wieder ein bisschen weiterentwickelt wurde. Vielleicht gibt es ja mal Gelegenheit, das bei dir praktisch anzuschauen.

Die gab es mittlerweile, wir werden den Besuch gerne erwiedern, denn die Bienenkistenimkerei hat auch uns durchaus interessiert. Und ganz grundsätzlich: wer mag, darf jederzeit kommen, Adresse hier.

Meine Antwort auf diese Mail war übrigens insofern entlarvend, als ich diese Komplexität ebenfalls nicht in die Reihe bekam. So schrieb ich spontan:

Wir haben modifizierte Hoffmann-Beuten. Sind sehr praktisch und bewähren sich. die Komplexität kannst du getrost vergessen. Wie auch bei der einfachen Bienenkiste haben unsere Beuten vier Wände 😉 und wurden manchmal nur im Detail weiterentwickelt. Wir sind sehr zufrieden mit der Handhabung, da ist alles ganz einfach und praktisch, und doch auch durchdacht.

Natürlich sind es keine modifizierten Hoffmann-Beuten! Die gibt’s nämlich gar nicht. Was es stattdessen gibt, ist die „Liebigbeute“, auch „Hohenheimer Beute“ genannt, alldieweil der berühmte Bienenpapst in Hohenheim die Professur innehatte und in dieser Zeit dieses Beutensystem entwickelte.

Rähmchen mit Hoffmann Seitenteilen

Seitenteile eines Rähmchens. Quelle: Christof Hahn

Was bei mir stattdessen wohl hängen blieb, war die Bezeichnung der Rähmchen. Also die Teile, an denen die Bienen Honig und Pollen einlagern und sich die Brut befindet, … Und auch diese Bezeichnung war nicht ganz genau getroffen. Exakt beschrieben musste es heißen: „Modifizierte Zanderrähmchen mit Hoffmann-Seitenteilen“. (Danke, Reinhold!)

Modifiziert deshalb, weil der Oberträger dicker, besser gesagt, höher ist. Ein überflüssiger Wabenoberbau wird dadurch vermieden. Der Deckel schließt bzw. öffnet sich besser, weil er nicht durch überschüssige Waben hochsteht. Und immer dann, wenn eine zweizargige Beute für die Weiselkontrolle getrennt, also angehoben werden muss, pappen die beiden Zargen nicht zusammen und müssen mühsam voneinander getrennt werden. Was die Bienen gar nicht begeistert.

Bei all den Begriffen kann ich es schon verstehen, warum Jungimker irritiert sind und sich gerne auf die Bienenkiste stürzen. Um nicht missinterpretiert zu werden: wir haben ganz und gar nichts für oder gegen dieses wesens- (nicht imker!)gerechte Beutensystem. Wir haben uns schlicht nur anders entschieden.

Jungimkers Frage: „Welche Beutensysteme gibt es denn um Himmels willen noch?!“

Langstroth, Dadant und Deutsch-Normalmaß (DNM) sind so ziemlich die häufigsten genutzten Beutensysteme. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen durch ihre unterschiedlichen Maße. Sehr schön augenfällig ist das auf dieser verlinkten Zeichnung zu sehen. Was auch immer genutzt wird – irgendwer hilft einem immer weiter, wenn es mal schwierig wird, etwas zu kaufen, ob Forum oder Bausatz-Lieferant.

Um die Verwirrung jetzt nicht komplett zu machen, sollte ich an dieser Stelle abbrechen. Doch kneifen gilt nicht. Jungimkers Frage hat jemand im imkerforum ebenfalls, jedoch detaillierter gestellt. Sie zeigt hübsch auf, welche Kriterien den einzelnen Systemen zugrunde liegen:

  • Welches Rämchenmaß?
  • Soll ich gleiche Rähmchen in BR und HR benutzen?
  • Absperrgitter verwenden?
  • Magazine mit oder ohne Falz? (Wandertauglich)
  • Wie viel Rähmchen pro Zarge?

Eine der ersten Antworten darauf ist so herrlich treffend, dass ich sie ebenfalls zitieren möchte:

hoj, und willkommen, Mikola,
du stellst sofort „die Frage aller Fragen“, und du wirst mehr Antworten bekommen, als du wolltest (und jede ist anders ).
Sagen wir so:
die meisten Imker der Welt arbeiten mit Langstroth,
die meisten Berufsimker in Mitteleuropa mit Dadant,
die meisten Hobbyimker in Bayern/Baden-Württemberg mit Zander.

Also. Einfache Antwort: Es kommt drauf an:

  • Habe ich viele Völker und wenig Zeit?
  • Will ich Bienen des Ertrags wegen halten oder kommt es mir eher auf die Bestäubungsleistung an?
  • Habe ich „Rücken“ und kann nicht schwer heben?
  • Habe ich Interesse am Völkeraustausch mit anderen Imkern und deren Systemen?
  • Bekam ich ein System „vererbt“ bekommen?
  • Kann und mag ich mir eine Gelegenheit zum Heimwerken schaffen?
  • Will ich die Bienen so wenig wie möglich stören?

Am besten, sich Zeit nehmen und ein wenig umsehen, Fragen stellen, diskutieren … aber bitte um der Bienen willen keinen Streit über das beste System vom Zaun brechen! Das beste System gibt es nämlich nicht. So einfach ist die Antwort.

Wer sich dafür interessiert, woher die vielen verschiedenen Systeme und Maße herrühren, dem sei die Arbeitsgemeinschaft der Magazinimker e. v. mit ihrem geschichtlichen Abriss empfohlen. Dort lässt sich nachlesen, dass „im Jahre 1880 […] in Deutschland 400 verschiedene Rähmchen verwendet“ wurden! Horror der Entscheidungssfindung!

Da haben wir es doch heute wirklich nicht schwer, uns für eine einzige Beutenweisheit zu entscheiden! Oder wie Reinhard im Thread des Imkerforums signierte: „Lehre mich die wunderbare Weisheit, daß ich mich irren kann.“ (Teresa v. Avila)

2 Gedanken zu „Beutenphilosophie oder: 400 Rähmchen als Worstcase!

  1. „Modifiziert deshalb, weil der Oberträger dicker, besser gesagt, höher ist.“

    Hmmm…. das sind sie zwar auch (höher), vor allem aber sind sie BREITER. Durch die Breite von 28,5 mm lassen sie ZWISCHEN den Rähmchen-Oberträgern einen durchgehenden Abstand, der genau dem „bee space“ entspricht. Die Bienen gehen da gerne durch und verbauen diesen Laufweg eher selten.

    Die unmodifizierten Rähmchen sind nur 22mm breit. Sie lassen einen Abstand von 13mm (oder mehr) zwischen den Oberträgern, und so große Lücken verbauen die Bienen halt gerne…

    Die Oberträger-Höhe mag ebenfalls eine gewisse Rolle spielen, aber deren BREITE ist viel wichtiger.

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