„Seitdem ich Bienenpatin bin, muss ich jetzt immer die Bienen befreien, die sich ins Wohnzimmer verirrt haben“, schmunzelt Ina Kudlich, doch wir wissen, dass ihr das sicher nichts ausmacht, ihre „Patenkinder“ zu retten, so geschickt stellte sie sich beim Honigernten der vergangenen Honigerlebnis-Tage von Bienen-leben-in-Bamberg.de an. Bereits zum letztjährigen Tag der offenen Gärtnereien aber war der Barista aus dem Hause „Mokka makan“ klar, dass sie eines Tages Bienenpatin werden wolle. Nun, da sich die arabisch inspirierte Kaffeebar nebst rollenden Espresso-Rad gut etabliert hat, wurden endlich Ressourcen frei für die Bamberger Bienenwelt.
Die Feinschmeckerin
„Honig habe ich immer schon gerne gegessen und bringe vom Urlaub auch immer ein Honigsouvenir mit. Einer der besten Honige war ein super-genial schmeckender aus Australien!“, begeistert sich Ina, die aber natürlich auch ihren Bienenpatenhonig, den sie bereits erhalten hat, sehr lobt. „So, wie ich fasziniert davon bin, wie durch das Kochen aus Früchten und Zucker leckere Marmeladen werden, finde ich es gleichermaßen erstaunlich, dass diese kleinen Tierchen ohne großes Zutun essfertigen Honig liefern können.“
Nun ja, ein bisschen Zutun ist ja schon dabei, schließlich müssen heutzutage die Völker mehr als früher gut gepflegt werden, um all dem Unbill zu überstehen, der sie in vielfältiger Form heimsucht, seien es Milben, Viren, Pestizide oder Trachtverarmung. Von all dem hat die Lehrerstochter Ina bereits gehört und gelesen. Sie kann es daher kaum fassen, warum „große wie kleine Leute nicht mehr zwischen Bienen, Hummeln und Wespen zu unterscheiden vermögen. So viele Schüler können doch nicht gerade krank gewesen sein, als das im Unterricht dran kam!“
Von den Medien zur Kaffeebohne
Ihr Vater, der aus dem Sudetenland stammt, hat es jedenfalls den beiden Töchtern, die in Bamberg geboren und aufgewachsen sind, beigebracht, die Natur aufmerksam zu beobachten. Und darauf bestanden, dass Ina ihr Abitur baut, auch, wenn sie selbst wenig begeistert von einem möglichen Studium war. So musste die Mutter ein wenig drängen, als nach zwei Monaten immer noch kein Studienfach gefunden war. Dann entschied sich Ina fast schon spontan für eine Buchhändlerlehre und blieb 16 Jahre lang dem Collibri treu. „Es hätte aber auch etwas ganz anderes sein können“, meint Ina Kudlich, um sogleich von diesem „ganz anderen“ zu erzählen, nämlich von ihrem Schwenk aus der Medienwelt hinüber ins „Mahlwerk“ – und damit hin zur Kaffeebohne. „Doch egal, was ich tue, es macht mir einfach Spaß, die Hintergründe zu erfahren und die Spreu vom Weizen zu trennen“.
Hintergründe erfahren, aber auch beteiligt sein … so erkundigt sich Ina nun, was sie alles innerhalb ihrer Bienenpatenschaft beitragen kann. Wir wünschen uns, dass unsere Patin das Bienenthema weiter kommuniziert, im besten Falle auch einen guten Einblick in die Materie erhält, indem sie uns bei der Arbeit über die Schulter schaut, gerne auch selbst mit Hand anlegt. Das ist natürlich nicht ganz so einfach, da Ina zusammen mit ihrer Freundin und Geschäftspartnerin Sonia Al-Kass ganz hübsch in die kleine Kaffeeoase des Vorderen Grabens eingebunden ist.
Beide sind zudem viele Wochenenden durch das Cafe-Catering mit ihrem „Mokka makan mobil“ unterwegs, beispielsweise bei Bienenpatin Carmen Dechant am Tag der offenen Gärtnereien, wo auch wir letztes Jahr in Sachen „Bieneninfo“ dabei waren. Ein weiteres Projekt ist ihre Pop-up Kaffeekultur an der Kettenbrücke vor dem Hause Ducke nach dem Motto: “Coffee to go is garbage to throw – coffee to stay, that´s the right way!”
Die Sprachverliebte
Nicht nur des Englischen ist Ina mächtig, sondern ebenso des Französischen und Portugiesischen. Seit drei Jahren versucht sie sich außerdem an der (hoch-)arabischen Sprache, die sie immerhin jetzt vom Prinzip her verstehen gelernt hat. „Unser Logo ist ja eine Kalligraphie in Form einer Mokka-Kanne mit einem arabischen Spruch, den wir uns überlegt hatten“, so Ina. „Der deutsche Wortlaut ist: Die Sehnsucht deiner Zunge ist das Geheimnis deiner Wiederkehr – probiere mokka makan und genieße den Zauber des Orients und Okzidents.“
Und Ina lüftet nun auch den zweiten Teil des Geheimnisses: „Wenn ich dir jetzt noch verrate, dass die Borde, die an einen Schwan erinnert, der Teil ist, der mokka makan heißt, und dass sich mit dem Schwan verbinden bedeuten kann, sich für alle schönen Dinge öffnen und die Wahrnehmung dafür stärken” sowohl für “Inspiration und künstlerischer Ausdruck” als auch “Immer wieder Neues (neue Hüllen), Schönes entdecken” steht, ist das wahrscheinlich ein bisschen zu viel fürs Pateninterview …“ Nö, finden wir nicht, Ina, das ist faszinierend, Danke für diesen Einblick!
Die Sport-Begeisterte
Außer an Sprachen begeistert sich Ina am Sport – ob selbst ausgeführt oder auch bei anderen zusehend. Begonnen hat sie mit Tischtennis, dann folgten Badminton und Volleyball. Heute ist es zeitbedingt mehr das Joggen, Radfahren, Schwimmen oder Bergwandern. „Alles außer Motorrennen oder wo ich auf die Fairness des Gegners angewiesen bin“, grinst Ina, „also mindestens ein Netz zwischen den gegnerischen Parteien muss dazwischen sein.“
Nun ist Sport doch etwas sehr aktives, und so nimmt es uns ein wenig Wunder, als Ina auf die „Steinstrategie“ zu sprechen kommt. Sie schwört für sich auf „das sich entwickeln lassen“ und berichtet, dass „in dem Moment, wo ich die Geduld nicht mehr hatte und etwas forciert habe, es schiefgegangen ist“.
Die Philosophin
Wichtig erscheint ihr auch, mehr Achtsamkeit den Dingen und der Natur gegenüber zu zeigen. „Die Zeit, besonders die Eigenzeit, hat heute einen anderen Wert bekommen“, stellt Ina Kudlich ernst fest. „Es muss ja nicht viel Zeit sein, aber doch wenigstens dann nicht oberflächlich.“ Ich schätze, dieses gute Verhältnis, welches Ina zur Zeit haben zu scheint und zur Achtsamkeit, strahlt auch wohltuend auf ihre Kaffeekunden aus. Zumindest ich fühle mich nach einem Besuch bei den beiden Damen viel entspannter. Ein guter Ort, um darüber zu philosophieren – so, wie Ina es bei diesen Interview tut – dass man sich den Konsequenzen seines Tuns bewusst sein sollte. Eine Aufgabe von Anfang bis Ende zu erleben (wie zum Beispiel im imkerlichen Jahreslauf) ist allerdings nicht mehr vielen Menschen vergönnt. So geht Aufmerksamkeit verloren, werden die Auswirkungen von Fehlern nicht mehr wahrgenommen, muss sich niemand mehr für etwas voll verantwortlich fühlen – kurz, „es fehlt das Bewusstsein, dass alles, was man macht, seine Konsequenz hat“, meint Ina nachdenklich. Und führt als Beispiel „Coffee to go“ an, der eine Ausnahme („… für z. B. Bahnreisende!“, werfe ich aus leidvoller Erfahrung ein!) bleiben und nicht massenhaft als „Lifestyleprodukt“ konsumiert werden sollte.
Gute Aussichten
Zum Schluss möchte ich wissen, welches besondere Natur- oder Tiererlebnis es für Ina Kudlich gegeben hat. Sie erzählt mit sichtlicher Ehrfurcht von der Begegnung mit einem Bienenschwarm, vor den sie sich erschrocken hat. Vielmehr vor dem enorm lauten, aber nicht unangenehmen oder bedrohlichen Geräusch, welches sie zunächst nicht einordnen konnte. Als sie des Schwarmes dann ansichtig wurde, ging sie dann doch lieber ins Haus zurück. Heute weiß sie jedoch, dass kein Bienenvolk so friedlich ist wie zu dem Zeitpunkt seines Ausschwärmens, um ein neues Zuhause zu gründen.
Mit der Aussicht auf ein paar arabische Rezepte ihrerseits, bzw. ihrer Partnerin Sonia, und auf kommende gemeinsame Bienenerlebnistage und die Bienepatenschaft über eine Beute in den Buger Wiesen verabschieden wir uns (mittlerweile leicht fröstelnd) vor dem VitaminX.
Wir freuen uns mit Ina Kudlich und all unseren anderen Bienenpatinnen und -paten über unser verbindendes Thema, den schützens- und beachtenswerten Bienen und ihrem leckeren Geschenk an uns Menschen, dem Honig.
Nachtrag 01.12.2020: Ina ist in der 4. Runde von 2020-2024 weiterhin unsere Bienenpatin.