Das interaktive Abenteuer-Spielbuch „Bienen – Wilde Helfer der Natur“ ist geeignet für Grundschulkinder und will den kleinen Entdecker*innen die Bestimmung von Bienenarten ermöglichen und zum Bienenschutz anregen – ob Honig- oder Wildbiene oder Hummel. Das vom Verlag Léman Publishing als „pädagogisch wertvolles Mitmachbuch“ eingeschätzte großformatige Bilderbuch enthält eine Fülle an kurzen Textblöcken (Johanna Prinz), sehr detailhaften und bezaubernden Illustrationen (Chantal Deschepper), Rätselabschnitte sowie Kästchen mit „Spezialwissen“, Fun Facts, Steckbriefe, Bastelanleitungen und kleine Spielanregungen.
Kapitel „Honigbiene“ mit etwas Monk-Kritik
Die erste Kapitel sind der Honigbiene gewidmet. Da wir hier die Spezalisten sind, können wir sagen, dass sie sachlich überwiegend korrekt dargestellt wurden. Kleinere Unschärfen wie der Umstand, dass Wabenzellen sechseckig sind¹, weil „so die meisten Kammern mit der kleinsten Wachsmenge auf eine begrenzte Fäche“ gebaut werden kann, sind zugunsten kindgerechter Sprache völlig in Ordnung. Wessen innerer Monk es jedoh perfekt haben will, springe zur Fußnote¹.
Ähnlich die Antwort auf die Frage, was Honigbienen eigentlich sammeln. Ganz richtig erklärt … es ist kein Honig. Die Antwort: „Nektar und Pollen“ ist zwar (noch) nicht vollständig, denn auch Wasser und Pflanzensaft für das Propolis gehören zu den Sammelgütern der Bienen. Dieses wird jedoch später noch erklärt, wo es um die verschiedenen Aufgaben der Biene geht.
Ach ja, und der gute, alte, dennoch nicht korrekte „Honigmagen“, der streng genommen eine Blase ist. Ein Magen zeichnet sich durch Magensäfte aus, die jedoch bei den Bienen fehlt. Deren Blase fungiert als Tasche und nicht als Verdauungsapparat. Wäre schön, wenn sich das herumsprechen würde. Doch selbst Imker nehmen es da nicht so genau, weshalb wir möglicherweise vegan lebende Menschen den Honig weniger appetitlich machen.
Der etwas schwieriger zu erklärende Schwänzeltanz, das Kapitel mit den Bienenkindern und die Metamorphose (auch an anderen Tierkindern) und weitere Sachverhalte sind anschaulich und völlig ausreichend für das Grundschulalter.
Die Wildbienen und Hummeln
Nach der Hälfte des Buches wird im Kapitel zur „Wichtigkeit der Bienen“ – und das ist natürlich vor allem die Bestäubungsleistung – die komplexe Welt der Honigbienen zugunsten der Wildbienen und Hummeln verlassen. Hier kommen denn auch die Kapitel, in denen es um Blumen und den Aufbau einer wildbienenhilfreichen Gartenlandschaft sehr schön zum Tragen.
Für konzentrierte Lesekinder, die sicherlich älter als die empfohlenen 5 Jahre sein sollten, sorgen die Doppelseite „Wer ist wer“, in der kurze Steckbriefe den gezeichneten Wildbienen zugeordnet werden sollen, für ein Nerd-Erleben. Viel Raum erhalten die Hummeln, und wenn man bis hierhin durchgehalten hat, dann macht ein Wimmel-Suchspiel den Lernerfolg rund. Ebenso das Bienen-Quiz. Dank Rätsellösungen am Schluss sollte es keinen Frust geben, falls die Rätsel vielleicht doch zu schwer gewesen sein sollten.
Einsatzalter
Auch, wenn die Sachthemen mit kurzen Sätzen zu punkten wissen und gut verständlich erklärt werden, würde ich das Buch erst für Kinder ab etwa 8 Jahren empfehlen. Was allerdings im Widerspruch zum Großformat steht, welches „Vorschulalter“ suggeriert, aber inhaltlich womöglich überfordernd wirkt.
Auch würde ich für diese junge Altersgruppe andere und nicht so viele unterschiedlich Schriftarten wählen, was vor allem den zu dünnen blaue Font betrifft. Die großzügigen Zeilenabstände machen es dann wieder gut. Für meinen Geschmack ist das Layout insgesamt zu unruhig und wirkt im ersten Moment unübersichtlich. Doch wimmelbildgewohnte Kinder könnten das möglicherweise ganz anders beurteilen.
Fazit
Sachlich sehr kompetent, eine Fülle an Informationen, ansprechende bunte Zeichnungen: „Bienen – wilde Helfer der Natur“ ist sicher eine Bereicherung für kleine und große Bienenfans, da es außerdem zu Interaktionen aufruft. Wenn nur nicht der unangenehme Geruch wäre. Ein paar Tage auslüften lassen vor dem Verschenken schadet sicher nicht. Gemeinsam ansehen ebenfalls nicht, und ganz allgemein aufpassen auf das Lesealter. Für bienenkundige Kinder ganz sicher noch einmal eine hervorragende Ergänzung und ein Muß für jede Bienen-/Imkerbibliothek wie die unsrige.
Bienen : Wilde Helfer der Natur. Das interaktive Kinderbuch ab 6 Jahren zur Bestimmung von Bienenarten und zum Bienenschutz. Pädagogisch wertvolles Mitmachbuch für kleine Entdecker*innen / Johanna Prinz [Text]; Chantall Deschepper [Ill.]. Arzier-Le Muids : Leman Publishing Claudia Frankl. 2024. ISBN 978-2-9701720-4-8
Rezensionsexemplar für unsere Imker-Bibliothek.
Fußnote
Im Grunde entstehen die optisch sechseckig wirkenden Wände der Zellen durch automatische Wachsverfüllungen zwischen ursprünglich mit dem Bienenkörper gerundete Höhlungen. Probiert das mal mit ein paar aneinandergehefteten Clopapierrollen. Ihr seht Lücken zwischen den Wänden, die ihr euch jetzt mit Wachs gefüllt als Sechsecke vorstellen könnt. Tatsächlich wirken auf das warme, formbare Bienenwachs auf allen Seiten die gleichen Kräfte ein und es entstehen gerade Kanten. Das gleiche Prinzip lässt sich an zwei Seifenblasen erkennen, die aneinander geraten.