*17* Adventskalender der Bamberger Schulbiene 2024

Cover Imkerei & Recht, DBJEs ist mutig und herausfordernd, ein Sonderheft zum Thema „Imkerei und Recht“ herauszugeben. Drei Jahre Vorbereitung waren dazu nötig, so die Redakteure des Deutschen Bienenjournals (DBJ). Aber es hat sich gelohnt. Ein umfassendes Spektrum, welches als Gesetzestext 500 Seiten umfassen würde, ist in konzentrierter Form behandelt, wobei die Hauptthemen „Bienenrecht, Honigverordnung, Steuerrecht und Bienenwohl“ bestreiten.

Schwarm-, Bienen- und Nachbarschaftsrecht

Spannend aber auch das Bienenrecht und seine Geschichte sowie das Schwarmrecht. Bei letzterem kursiert Halbwissen, denn die Tücke liegt im Detail. Das Recht, ohne ein Erlaubnisersuchen in fremde Grundstücke einzudringen, ja, sogar die Türe zu einem leerstehenden Bienenhaus aufzubrechen, ist zwar bekannt, doch gilt dies nur für die Eigentümer/in des Schwarms. Und natürlich muss für Schäden aufgekommen werden.

Wer als Eigentümer gilt, oder ob es sich doch um einen für herrenlos erklärten Schwarm handelt, wird auf S. 7 erläutert. Wobei bei mir die Frage offen blieb: Ist ein Noch-Nicht-Eigentümer eines herrenlosen Schwarms dann gleichfalls berechtigt, in fremde Grundstücke zu steigen? Dem Artikel nach nicht.

Hilfreich sind die Seiten 10 bis 19 zum Recht, Bienen zu halten, insbesondere, wenn es die Nachbarschaft berührt. Ein Prüfschema zur Bienenhaltung, welches auch Gerichte zu Rate ziehen, um über Ortsüblichkeit, Duldungspflicht, Zumutbarkeit oder Ausgleichsanspruch zu befinden, macht klar, dass nicht jeder Fall gleichartig ist. Die Wiedergabe verschiedener Situationen und Urteilsfindungen geben Einblick in die Rechtssprechung, die wie so oft heißt: „Es kommt drauf an“.

Meldepflichten, Wanderrecht

Auch bei diesen beiden Themen helfen Tabellen und Schritt-für-Schritt-Übersichten. Die Meldepflichten sind in den einzelnen Bundesländer unterschiedlich geregelt. Erstaunlich, dass es die bürokratisch doch meist so „stark“ aufgestellten bayerischen Behörden im Falle von anderswo üblicher Melde- und Einzahlungspficht in die Tierseuchenkasse Abstand nehmen. Doch die Meldung ans Veterinäramt zum Aufstellungsort der Völker ist überall gleich geregelt. Ein Blick in die Bienenseuchen-Verordnung, BienSeuchV gefällig?

Als thematische Ergänzung für das auf zwei Doppelseiten (S. 22-25) knapp beschriebene Wanderrecht sei auf die recht ausführliche Darstellung im Sonderheft „Honig“ verwiesen, dessen Rezension im morgigen Adventskalender erscheint.

Imkerei und Tierwohl …

Untertitelt ist es mit „… passt das zusammen?“ Da musste ich doch kurz schlucken. Für unsere Privatinitiative und unseren Förderkreis ist das keine Frage, die gestellt werden sollte, sondern die sich von selbst beantwortet. Doch dem ist leider nicht (für alle) so. Und da das so ist, hält der Gesetzgeber ein paar „Hürden“ bzw. Gesetze und Konzepte parat.

Doch vorab: In einem grau hinterlegten Kästchen erfahren wir, was das „Farm Animal Wellfare Council zu den „Fünf Freiheiten“ sagt: „Freiheit von: Hunger und Durst, Unbehagen, Schmerz, Verletzung und Kranheit, Angst und Leiden und schlussendlich Freiheit zum Ausleben normalen Verhaltens.“ Sehr schön.

Und das gilt eben nicht nur für Wirbeltiere, wie der Großteil der Regelungen im Tierschutzgesetz. Doch was ist „bienenadäquat?“, endet die Einleitung zum Schmerzempfinden von Insekten, insbesondere der Bienen, in welcher wir Versuchsanordnungen von unserem immer wieder gerne zitierten großen Bienenforscher Randolf Menzel dargelegt werden. Tolle Hinführung zu zwei Ansätzen von Tierwohl-Konzepten in der Imkerei.

Im Besonderen geht es um Verstöße gegen das Tierwohl, mit der auch die Behandlungspflicht begründet wird, ferner um die seit 2022 verpflichtende Dokumentation jeder Behandlung mit Arzneimitteln, hier mit einem anschaulicher Abbildung, wie das in der Praxis aussehen könnte, außerdem eine zweispaltige, kompakte Auflistung von einem Dutzend Vorgaben, fußend auf drei Verordnungen: Was ist zu tun?“ und „Was bringt das?“. Ein Beispiel … und wir haben Kenntnis davon, dass diese gesetzliche Vorgabe immer wieder einmal missachtet wird:

Was ist zu tun? Behandlung gegen Varroa

Was bringt das? In Deutschland besteht flächendeckend für alle Völker Behandlungspflicht! Imkerinnen und Imker müssen ihre Völker gegen die Varroose behandeln.

Meine Kritik an dieser Stelle ist korinthenkackerhaft, aber ich würde „Was bringt das?“ austauschen oder ergänzen mit der Aufforderung „Worauf begründet sich das?“

Qualitätssicherung Honig

Von der „Ernte am Volk“ zum „Schleuderraum“ über das „Honiglager“ und „Honig abfüllen“ bis zur „Etikettierung“ und der Feststellung der „Honigarten“ (Sorten) – für alle imkerlichen Arbeiten gibt es Rechtsvorschriften, Gesetze, Verordnungen und – im Falle von Mitgliedschaften im Deutschen Imkerbund und dem Verkauf seines „lizenzierten“ Honigglases auch Regelungen.

Dass in Imkereien immer wieder etwas vergessen oder falsch gemacht wird, ist bekannt. Selbst der DIB musste x-tausende von Etiketten einstampfen, weil ihm ein Detail aus der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung entgangen ist.

Neben der elementaren Lebensmittelhygieneverordnung kommen das Verpackungsgesetz (VerpackG) und ggf. die Loskennzeichnungs-Verordnung, die Honigverordnung (HonigV), das Mess- und Eichgesetz nebst Mess- und Eichordnung. Man könnte noch ergänzen, dass man dem Eichamt anzeigen muss, dass man ein geeichtes Messgerät in Verwendung hat. Sobald die Waage dort registriert wurde, kann man davon ausgehen, dass man regelmäßig die Aufforderung zur Eichungskontrolle erhält. Doch die „Hol- und Bringschuld“ ist womöglich je Eichamt etwas anders ausgelegt.

Auch hier: Eine schöne kontextuale Ergänzung bietet das „Sonderheft Honig“ (morgen). Aufgrund eigener Beiträge¹ wissen wir, welche immense Recherchearbeit in diesem Sonderheft betrieben worden sein musste. Hut ab!

Verkauf und Steuern, Haftung und Versicherung

Die vier „Irrtümer und Fallstricke“ in Sachen Steuern (S. 45) lassen sicher manche ungläubig den Kopf schütteln. Eine davon, die 30-Völker-Grenze, wurde zu oft schon fälschlich kolportiert. Noch eine Grenze, nämlich die 1/3-Grenze bei Einnahmen durch andere als Honigerzeugnisse, z. B. Bienennebenprodukte, wird ebenfalls richtiggestellt.

Zwei grafische Übersichten (S. 47-48) verdeutlicht die Einkommensteuer- und Umsatzsteuer-Ermittlung mittels eines Entscheidungsbaums: „Wenn Ja oder Nein, dann …“. Und wer verkauft, muss belegen … wie das geht, ist kurz und bündig erklärt.

Unter den Beitragstiteln „Imkern ohne Risiko“, „Fragen zur Haftung“ (Produkt-, Tierhalter und Veranstaltungshaftung) und zur Unfallversicherung wird’s dann richtig spannend. Eine Doppelseite (S. 58-59) zeigt in drei Spalten übersichtlich auf, was die Imker-Global-Versicherung leistet. Sie ist allerdings nicht für jedermann möglich.

Doch in diesen Fällen kann auch eine Imker-Betriebsversicherung abgeschlossen werden. Was nicht Erwähnung fand, aber für manche Vereine interessant sein könnte: Einige Imkerverbände schlossen auch Rahmenverträge mit anderen Versicherungsgesellschaften (Beispiel: Bayerische Versicherungskammer) ab. So konnte beispielsweise unser gemeinnütziger Förderkreis im Zuge dessen auch eine  Vereinshaftpflichtversicherung und Gebäudezusatzversicherung abschließen (siehe Bericht).

Oder es greift möglicherweise die private Haftpflichtversicherung. Allerdings ist bei Letzterer keine Produkthaftpflichtversicherung enthalten (S. 55). Dann wäre da noch die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (LBG). Hier stoßen wir wiederum auf eine Grenze, und zwar die 25-Völker-Grenze, derzufolge laut Sozialgesetzbuch eine Gewerbsmäßigkeit gegeben und sie somit Pflicht wäre, und unabhängig von der Völkeranzahl sowieso für landwirtschaftliche Betriebe.

Was fehlt?

Laut Vorwort beiseite gelassen wurden die viel strengeren Hygieneregelungen für Imkereien, die Honig zukaufen. Zur Bienenschutzverordnung wurde im Spezialheft Imker & Landwirte (unsere Rezension hinter dem 15. Türchen) und das Steuerrecht für größere Berufsimkereien im Sonderheft „Imkern für Profis“.

Vielleicht hätte man noch ergänzend zu Unfällen in Ausübung des Ehrenamts etwas schreiben können, siehe hierzu das Beispiel Bayerischen Ehrenamtsversicherung.

Wer etwas zur Causa „Wachs“ und damit verbunden der Vermeidung oder Verfolgung der leidigen, seit grauer Vorzeit vorkommenden Wachsverpanschung erwartet hat – Fehlanzeige. Doch das ist nicht verwunderlich. Denn dazu gibt es kein Gesetz oder eine Wachsverordnung, und alles an Vorgaben ist so unspezifisch und „wachsweich“, dass man damit nichts anfangen kann. Der Grund: Wachs ist ein „Tierisches Nebenprodukt der Kategorie 3“ und was das bedeutet, erklärt sehr schön der Bienenzüchterverein Horgen.

Keinen Eingang finden Förderungen in der Imerei. Doch wird dieses in anderen Heften hin und wieder thematisiert. Da jedes Bundesland eigene Förderrichtlinien hat, die sich zudem jährlich ändern können, wäre das in einem Sonderheft auch müßig. Vielleicht aber an diesem Punkt als Ergänzung bemerkt, dass das bisherige Imkereiprogramm für Deutschland zum 31.12.2022 beendet und ab 01.01.2023 inhaltlich unverändert in den deutschen GAP-Strategieplan überführt wurde. Dies ermöglicht den Bundesländern weiterhin die Teilhabe an der EU-Imkereiförderung.

Fazit

Ungeachtet meiner Bemerkungen zu „Was fehlt?“ wurde meiner Erfahrung und Meinung nach nichts Wesentliches ausgelassen, was auch Neulingen einen durchdachten Start in die Imkerei ermöglicht und alten Hasen von manchen Fehlinformationen „kuriert“. Sogar an das Vereinsrecht ist gedacht worden. Das auf den letzten beiden Seiten vorgestellte elfköpfige Expertenteam brachten selbst komplexe Sachverhalte perfekt auf den Punkt und waren dabei alles andere als „wachsweich“, aber dennoch nicht spitzfindig.

Für unsere Imkerschaft dürfte mit diesem Spezialheft Imkerei & Recht viele Fragen geklärt sein und die bürokratischen Umstände des Imkerdaseins seinen Schrecken verlieren. Gut gedacht, und auch gut gemacht!


Imkerei & Recht : die wichtigsten Vorgaben für die Imkerei / Redaktion: Malte Frerick, Kerstin Hildebrandt, Karin Nungeßer. 1. Aufl. Berlin. dbv network GmbH. 2023. Deutsches Bienenjournal; Spezial.

Im Bestand unserer Imker-Bibliothek.


¹Unsere eigenen Beiträge zu Imkerei und Recht:

Das Gesetz zur Biene

Schwarm gefunden? Dann schnell handeln und einfangen (lassen). Darfst du behalten! Auch, wenn du dazu über einen Zaun steigen musst. Brauchst du nicht einmal anklopfen. Ganz grob gesagt.

§§ Bienengesetze – einst und jetzt

Das genaue Gesetz dazu ist im Bürgerlichen Gesetzbuch zu finden. Und bereits seit dem Jahre 533 n. Ch.  gab es eine – leichter als heute – verständliche Bestimmung (Corups luris Civilis. Die Institutionen), die in wikipedia (ohne Gewähr) nachzulesen ist:

Der Bienenschwarm, der aus deinem Stock auszieht, wird solange als dein Eigentum angesehen, wie er in deinem Blickfeld bleibt und nicht schwer zu verfolgen ist. Andernfalls wird er Eigentum dessen, der ihn sich als nächster aneignet.

Hier zum Vergleich das Bürgerliche Gesetzbuch – und weil meine Idee, euch heute auf diese Gesetze aufmersam zu machen, durch andere Weblogeinträge inspiriert wurde, möchte ich auch fairerweise (ebenfalls ohne Gewähr) auf sie verlinken:

http://www.gier-frisst-hirn.com/das-burgerliche-gesetzbuch-und-die-bienen-teil-1/

http://www.gier-frisst-hirn.com/das-burgerliche-gesetzbuch-und-die-bienen-teil-2/

http://www.gier-frisst-hirn.com/das-burgerliche-gesetzbuch-und-die-bienen-teil-3/

http://www.gier-frisst-hirn.com/das-buergerliche-gesetzbuch-und-die-bienen-teil-4/

Die ältesten Bienengesetze sollen aus der Lex Salica, dem Salischen Gesetz aus dem Jahr 510 stammen, lesen wir in Wikipedia. Da die Biene über 30 Millionen Jahre alt sein soll und seit Tausenden von Jahren Kulturbegleiter des Menschen ist, glaube ich das unbesehen.

Ein Schwarm ohne Imker?

Hoffentlich bleibt sie uns erhalten, die Biene. Und wenn wir dazu über den Zaun steigen müssen! Denn ein Schwarm ohne Imker ist praktisch nicht lange überlebensfähig. Die Bienen müssen mehrmals im Jahr gegen die Varroamilbe behandelt werden, sie können sich (noch) nicht gegen diesen parasitären Schmarotzer wehren.

Übrigens haben wir die Tage an einem Teil unserer Völker eine Varroabehandlung durchgeführt. Und sie war verdammt notwendig, wie wir an den zahlreichen abgestorbenen Reste der Milbe sehen konnten.