Veitshöchheimer Imkerforum 2022 (4): Auswirkungen auf die praktische Imkerei

Bienen-Thermometer

[Da Bildschirmfotografien zum Veitshöchheimer Imkerforum 2022 ausdrücklich verboten waren, stützen wir uns auf unsere Mitschriften und bitten, Unschärfen zu entschuldigen.]

4. Vortrag:  Auswirkungen auf die praktische Imkerei [angekündigt als „Praktische Auswirkungen auf die Imkerei]

Referent: Johann Fischer, Fachberater Imker Schwaben

Überblick der Themen

Neben den mehrfach erwähnten Wetterextremen, den niederschlagsarmen Sommern und seinem Gegenspieler, den Hochwasserrisiken besteht in unseren Breiten außerdem eine erhöhte Waldbrandgefahr.

Wetterextreme

Zum Brutverhalten (besonders das Durchbrüten) und zur vertrackten Trachtsituation (früher Beginn, Lücken, wenig Nektar bei Hitze, Nicht-Nutzung durch Kälteeinbrüche, hoher Futterverbrauch, Fruchtsafteintrag durch Fruchtschäden bei Hagel) kommen Erschwernisse bei der Klimatisierung des Stockes und bei der Milbenbehandlung hinzu. Diese sind: eine wenig effektive Rest-Entmilbung, die bekanntlich einhergeht mit mangelnder Brutfreiheit sowie Verdunstungsproblemen bei den Säurebehandlungen.

Fischer ging mittels Grafiken detailliert auf die Temperaturentwicklung in Schwaben ein.

Ratschläge für die Praxis

Starke Völker

Völker müssen, um mit den Wetterextremen zurecht zu kommen, stark sein. Es gilt also, schwache Völker im Spätherbst oder Frühjahr zu vereinen und eine züchterische Auslese [Red.: Siehe dazu auch Vitalitätstest] auf einen hohen, sogenannten Winterindex nahe 1,0 zu halten. Dieser Index errechnet sich aus dem Verhältnis von eingewinterten Bienen zu ausgewinterten Bienen.

Gezählt werden die bienenbesetzten Waben oder die Volksstärke wird mit der Liebefelder Schätzmethode erfasst,  zum Stand Oktober und im April. Hier unsere redaktionelle Ergänzung aus der Quelle: Methodenhandbuch / Arbeitsgemeinschaft Toleranzzucht – AGT. 2013. S. 27.

Völker, bei denen weniger als 30% der eingewinterten Bienen überleben, werden mit 1 Punkt beurteilt. Werte unter 70% stehen für eine geringe, Werte zwischen 70-90% für eine mittlere Winterfestigkeit. Bei guter Winterfestigkeit, entsprechend 4 Punkten, sollten über 90% der eingewinterten Bienen bis zum Frühjahr überleben. Gelegentlich kommt es sogar zu einem Stärkezuwachs, also einem Überwinterungsindex größer 1,0.

Die stärksten Völker werden also vermehrt, die schwachen nicht aufgepäppelt, sondern ggf. vereint.

Standort

Zu heiße Standorte können mittels Sonnenschutz (Sichtschutzzäune, Matten auf dem Blechdeckel) beschattet werden. Helle Beuten bieten Reflektionsfläche. Die Wanderungen mit Bienen soll natürlich nur bei kühleren Temperaturen erfolgen.

Hochwasserfreier Standort auch an kleinen Bächen! Welche immensen Flächen überschwemmt werden könnten, ist in der Hochwassergefahrenkarte des Landesamt für Umwelt in Bayern eindrücklich dargestellt.

Material / Hilfsmittel

  • Styroporbeuten bieten keine kühlere Wohnung
  • Ein offener Gitterboden sorgt für Belüftung
  • Bienentränken in der Nähe aufstellen, nicht jedoch direkt vors Einflugloch, da durch Verkoten die Wasserqualität leidet
  • Smoker darf in Bayern selbst bei Waldbrandgefahr benutzt werden. Um so wichtiger ist ein feuersicherer Umgang. (Frisches Gras gegen Funkenflug, nicht am Standort ausleeren, in Blecheimer mit Deckel verstauen)

Tracht / Melezitose

Auf die Gefahr durch Melezitoseentwicklung im Waldhonig aufgrund Trockenheit und Hitze wurde bereits eingegangen. Die Anbaukulturen müssen sich ändern.

Hier können die Imker/innen nur prophylaktische Vorratshaltung von Rähmchen und Mittelwänden betreiben, die die blockierten Betonhonigrähmchen ersetzen.

Abschließend der Appell: Flexible Völkerführung nur möglich, wenn Imker/innen gut aus- und fortgebildet sind.

Veitshöchheimer Imkertag 2017 (4): Wachs

Fachberater Johann Fischer demonstriert WacherstellungWachs ausschwitzen können Bienen nach dem 10.-12. Lebenstag, aber auch ältere Lebensalter verfügen über diese Möglichkeit, sofern akuter Bedarf besteht, so Johann Fischer, Fachberater für Bienenzucht in  Schwaben auf dem Veitshöchheimer Imkertag. Die gelbe Farbe erhält das Wachs durch Pollenöl, Kitt und Fett. Insgesamt weist Bienenwachs über 300 Bestandteile auf. Lediglich vier davon haben einen Anteil von mehr als 5%. Ob es in dabei Unterschiede zwischen den Bienenrassen gibt, ist noch nicht erforscht.

Bienenwachs ist der erste Behälter für unseren Honig. Fettlösliche Substanzen wandern in den Honig, wenn das Wachs mit Schadstoffen gesättigt ist und bilden dort Rückstände.

Vortrag Johann Fischer zu WachsBesonders hohe Rückstände laut den Analysen des Bienengesundheitsdienstes sind beispielsweise die Varroazide Coumaphos (Handelsname „Perizin“) und Thymol sowie das Pflanzenschutzmittel Fluvalinat (Apistan®). Daneben finden sich Rückstände von Brompropylat (ein Akarizid und Varroazid, früher verwendet als Streifen unter dem Handelsnamen „Folbex VA“), Paradichlorbenzol (früher als WC-Steine und als Mottenkugeln verwendet), das Fungizid Boscalid (z. B. für Rapsspritzungen) und das Insektizid Labda-Cyhalothrin. Einige daraus sind bereits nicht mehr in Deutschland bzw. der EU zulässig.

Neben dem möglichen Eingang in den Honig sind diese Schadstoffe brutgefährdend.

Was ist reines Wachs?

Eine gute Frage. Denn man höre und staune – es gibt keine gesetzlichen Regelungen. Die Definition von „rein“ legt jeder für sich aus. Ist es unverfälscht, rückstandsfrei, gereinigt oder garantiert rein?

Die Pharma-Industrie (1), die Lebensmittelindustrie (2) und die Kerzenhersteller (3) bedienen sich zwar bestimmter Prüfmethoden und Tests, beispielsweise den Test auf Paraffin und Glycerol (1) oder Schwermetalle wie Arsen, Blei und Quecksilber (2) oder die Gesamtkohlenwasserstoffmenge von maximal 18% (3). Doch das ist je nach dem irrelevant. Nicht nur seit dem letzten Wachspanschskandal, der nicht der erste und letzte seiner Art sein dürfte, ist ein eigener Wachskreislauf geboten. Wir hatten hierzu bereits ausführlich geschrieben.

Folie im Vortrag von Johann Fischer zu Untersuchungsstellen für WachsrückständeFischer empfiehlt:

  • Wachsumarbeiter ihres Vertrauens aufsuchen
  • Je nach Verfahren ab ca. 20 Kilo möglich, Kosten ca. € 4 pro Kilo
  • Restmenge erhält man zurück. Wenn nicht, ist was faul
  • Stellen Sie Rückstellproben sicher und sagen sie das am besten auch
  • Um Rückstände bei Verdacht untersuchen zu lassen, gibt es verschiedene Stellen, siehe Folie

Halbautomatische Walzanlagen (Mittelwandpresse) (hier der Marktführer Rietsche) sind nicht unbedingt billig und kosen ca. 5-7.000 Euro. Daher wäre es eine gute Idee, andere Imker mit einzubeziehen, so wie in Schwaben geschehen. Mittlerweile hat sich der Kauf amortisiert und es gibt sogar ein kleines „Zubrot“ aus dem Betrieb.

Solange tun es auch Prägeflächen aus Silikonformen, die mit Kartoffelstärkewasser oder Spülmittel bestrichen werden, damit sich das Wachs gut ablösen lässt. Wassergekühlte Mittelwandgießformen sind für € 700-800 zu haben, luftgekühlte für € 500-600. Aus ersteren erhält man in der Stunde ca. 60-70, aus letzterer ca. 40-60 Mittelwände.

Auch wir rüsten derzeit um auf eine eigene Wachsstraße. Der Wachsklärbehälter ist bereits gekauft. Die verschiedenen Möglichkeiten, Mittelwandrähmchen herzustellen, die uns im Vortrag gezeigt wurden, werden wir auf Machbarkeit hin überprüfen. Denn sehr gerne würden wir das auch für Bamberg anbieten, doch fehlt uns definitiv der Wirtschaftsraum dafür. Wer also was weiß …