Frühjahresdurchsicht am Schiffbauplatz: Beobachtung, Analyse, Diagnostik, Maßnahmen

Gewichtskontrolle, ohne Deckel vornehmenEin zur Zeit der Winterbehandlung Anfang Dezember noch sehr starkes und problemloses Volk am Schiffbauplatz fühlte sich bei der ersten Gewichtskotrolle Ende Februar als viel zu leicht an. Wir vermuteten, dass die Bienen durch starkes Brüten oder auch vermehrte Flugaktivitäten bei milden Wintertemperaturen mehr verbraucht hat als sonst. Daher bekam es eine Futterwabe aus einem unserer anderen Völker.

Zusatz einer Futterwabe

Für die Frühjahresdurchsicht am 28.03. im Rahmen der Frühjahrsarbeiten brachten wir vorsichtshalber erneut eine Futterwabe mit, denn am vorab durchgesehenen Volk an der Weide war ohnehin eine überflüssig. Beim Anheben der Beute am Schiffbauplatz konnte sodann tatsächlich keine Gewichtszunahme festgestellt werden.

Beim Einhängen der Futterwabe war zu erkennen, dass das Volk kaum Nektar eingetragen hatte. obwohl die Salweide und die Schlehe mittlerweile in voller Blüte steht und auch das Volk des Nachbarstandortes (Weide) bereits viel eingetragen hatte. Es waren auch nur sehr wenige Bienen in der Beute zugange, die zudem ein unruhiges Verhalten an den Tag legten. Also untersuchten wir den unteren Brutraum.

Durchsicht unterer Brutraum – Beobachtungen

Tja, das Ergebnis war nicht erfreulich – viel zu wenig Bienen und nur handtellergroßee Brutnester. Zwar war keine Buckelbrut, angelegt von Drohnenmütterchen als Anzeichen einer Weisellosigkeit zu erkennen. Auch konnte vereinzelte Bestiftung entdeckt werden, die Königin ist also noch aktiv.

Insgesamt stellten wir bei der Durchsicht eine ziemliche Unruhe fest. Doch Kampfspuren von Räuberei waren nicht auszumachen. Räuberei findet größtenteils im Herbst statt, wenn Trachtmangel herrscht und ungefütterte Völker auf die Suche „gehen“. Gegen eine ausnahmsweise im Frühjahr stattgefundene Räuberei, angelockt durch noch nicht verdeckelte Honigwaben, sprach, dass kaum nennenswerte Wachsabfälle zu entdecken waren, ebenso wenig, wie es eben vermehrt tote Bienen gab.

Dafür zeugten etliche gelblich und bräunliche Kotspritzer – gut zu sehen an den Oberkanten der Rähmchen – von einer Verkotung des Stockes.

Analyse der Beobachtung

Könnte die Durchkotung Anzeichen einer Ruhr sein, vom Waldhonig kommen, der im vergangenen Jahr nach der Ernte noch im Brutraum zurückblieb? Aber durch Auffüttern mit Zuckerwasser hätte sich das doch quasi „verdünnt“. Und warum erst jetzt, also nach zu erwartbaren diversen Reinigungsflügen und gutem Nektarangebot? Hatten die Bienen es womöglich durch die vielen zusammenhängenden Kältetage doch nicht rechtzeitig geschafft, „aufs Töpfchen“ zu fliegen? Dies würde auch erklären, warum wir an den Außenseiten des Volkes keine auffälligen Kotspuren gesehen hatten.

Das eher ausgebliebene Frühjahr mit zu wenig Wärmetagen und damit einem witterungsbedingtem Brut- und Flugstop könnte auch auf eine Amöbenruhr hinweisen. Sie ist allerdings seltener und lässt sich erst nach einer mikroskopischen Analyse festmachen.

Eher ist wohl an Nosemose zu denken. Die Bienen entwickeln bei dieser Infektion ziemlich viel Appetit und überfressen sich sozusagen. Schuld daran ist ein Erreger, der den Mitteldarm bzw. die Darmepithel befällt und damit den Stoffwechsel stört. Die Bienen gehen an Schwäche ein. Sie werden von den noch gesunden Bienen aus dem Stock geworfen. Das könnte auch ein Indiz dafür sein, dass sich im Stock selbst weniger tote Bienen befanden.

Bei einem uneinheitlichen bzw. nicht klar zu diagnostizierenden oder bei mehreren Krankheitsbildern wie in unserem Falle kann angenommen werden, dass sich in der Folge der Schwächung durch dem Ersterreger gleich mehrere Krankheiten hinzugesellt haben. Wir tippen daher auf Ruhr in Einheit mit Nosemose, vormals als „Frühjahresschwindsucht“ bezeichnet.

Alles in allem empfiehlt es sich bei dieser Diagnose, das schwache Volk aufzulösen, um eine weitere Verbreitung von Parasiten zu vermeiden. Die Waben sollen nicht mehr verwendet werden, sondern eingeschmolzen oder entsorgt werden. Zur Sicherheit werden wir zudem das Wachs in einem Wachsklärbehälter durch Erhitzen entseuchen.

Unsere Bienenpatin Ruth Vollmar wird in Kürze ein neues Volk erhalten, versprochen!

Fortbildungsangebot

Wer sich für das Thema Bienenkrankheiten interessiert, kann an unserem kommenden Online-Kurs am Sa., 11.04.2020 teilnehmen. Es findet als Modul 3 im Rahmen des kürzlich gestarteten Imkerkurs für Anfänger statt. Als Einzelbuchung kostet es € 30.

Anmeldung und Überweisung bis zur Mittagszeit des Fr., 10.04.20 erbeten. Ein kurzer technischer Checkup findet am selben Abend um 17 Uhr statt. Details hierzu erhalten Sie nach Kontaktaufnahme mit uns.

Weiselzellen und Drohnenmütterchen– zwei Enden einer Bienenskala

Fangen wir mit der guten Nachricht an.

Bienenpatin Carmen Dechant, BambergBau- und brüteifriges BienenvolkDas stark entwickelte Volk am Standort „Gärtnerstadt-Heiliggrab“ bei Bienenpatin Carmen Dechant fing in seiner Platznot damit an, die Zargen an den Unter- und Oberseiten der Rähmchen (für Insider: Zanderrähmchen mit modifizierter Hoffmann-Seitenteilen) mit Brutzellen zuzubauen. Sogar eine Weiselzelle haben sie bereits konstruiert und damit das Schwärmen der alten Königin vorbereitet. Nun, so weit ließen wir es natürlich nicht kommen und bremsten am 20.04. ein wenig den reichlich frühen Vermehrungseifer durch ein Auseinanderziehen der Brut und Einsetzen neuer Mittelwandrähmchen. Zusammen mit dem nun aufgesetzten Honigraum sollten sie für eine Weile genug Platz zum Ausbauen haben.

Küchenschellen in der Hofstadt-GärtnereiBienenpatenvolk von Carmen DechantIn der Hofstadt-Gärtnerei findet das Volk, das hier seit 2013 seine Heimat hat, einen üppigen Nektar- und Pollenspeiseplan vor. Von Küchenschelle über Hornveilchen bis Tulpen … und jede Menge Kräuter, Stauden und Gemüse … ach, kann man gar nicht alles aufzählen, muss man gesehen haben, in der Heiliggrabstraße 37a in Bamberg sowie in den umliegenden weiteren Gärtnereien.

Es hilft nichts – nun zur schlechten Nachricht

1983-Bienenpatenvolk-Regina-HanemannBlick in die Beute. Kaum Bienen vorhanden. Schlechtes Zeichen im April.Bei unserem Volk an der Villa Dessauer schlug die Stunde der Wahrheit. Bereits Anfang Dezember entdeckten wir beunruhigt ein paar Drohnen. Normal ist, dass männliche Bienen ab dem Spätsommer von den Arbeiterinnen aus der Wohnung geworfen werden („Drohnenschlacht“), denn sie werden als überflüssige Fresser im Volk nicht geduldet. Und unser Verdacht erwies sich leider als richtig. Das Volk ist buckelbrütig, die Arbeiterinnen wurden zu sogenannten „Drohnenmütterchen“.

Reinhold sieht besorgt das Volk durch. Es ist drohnenbrütig.Die letzte „gute“ Tat der weiblichen Bienen am Volk, nachdem offenbar die Königin verlustig ging, ist es, für den Fortbestand der Art zu sorgen und Gene weiterzuvererben. Moment … das kann doch nur die Königin?! Stimmt, doch tatsächlich gelingt es den weiblichen Arbeitsbienen in der Not ebenfalls, für Nachwuchs zu sorgen. Nur hat das Volk auf Dauer nichts mehr davon.

Drohnenbrütiges (buckelbrütiges) VolkAufgrund der fehlender Duftstoffe (Pheromene) Ihrer Majestät bilden sich die inaktiven, verkümmerten Eierstöcke von einem Viertel der Arbeiterinnenbienen aus. Das Wachstum des weiblichen Geschlechtsorgans ist normalerweise durch die Pheromene unterdrückt. Die „ungekrönten“ Quasi-Königinnen schaffen es nun tatsächlich, Eier hervorzubringen. Diese sind allerdings unbefruchtet, so dass nur Drohnen schlüpfen. Das Ende des „Bien“, also des Volkes, ist zwar hinausgezögert, doch unausweichlich.

blasenwerfende WabenLeider können wir dieses Volk auch nicht mehr retten, indem wir zum Beispiel eine neue Königin beigeben. Die Bienen wären verwirrt, wer ihre Königin denn nun sei, da die drohnenbrütigen Arbeiterinnen ebenfalls wie eine Königin riechen. Sie würden die neue Königin als Konkurrenz sofort totstechen. Wir müssen das Volk auflösen, hilft alles nichts. Ohnehin sind es nur noch erschöpfte Winterbienen, die am Ende ihres Lebens stehen. Sommerbienen sind ja keine am Start.

Detail der Stadtgalerie Villa Dessauer, Heimat eines unserer BienenvölkerNeubeginn

Nachdem wir bei Carmen in der Gärtnerstadt ein superstarkes Volk vorfanden, werden wir einen Ableger daraus für unsere Bienenpatin Regina bilden. Kurioserweise also geht wieder eine Königin zurück zur Stadtgalerie Villa Dessauer, denn von dort aus hatten wir im Juni 2014 einen Ableger für das Volk in der Gärtnerstadt gebildet. So schließt sich der Kreis, und hoffentlich wird es eine ordentlich runde Sache. Denn Dr. Regina Hanemann, die Hausherrin, will weiterhin Bienenpatin bleiben, was uns sehr freut. In Kürze erfahren sie mehr von ihr!

Keine leichte Aufgabe – das Auflösen eines Volkes

Es fällt sehr schwer. Ob man sich jemals daran gewöhnen kann? Was so hoffnungsfroh im Frühjahr begann – die Übernahme eines Ablegers – gestaltet sich nun im Herbst als trauriges Geschäft. Die Königin ist verschwunden und wir wissen nicht, warum. Ist sie von einem Tier gefressen worden? Dazu müsste sie ihren Stock verlassen, und dazu gibt es nach dem Hochzeitsflug keinen Grund mehr. Außer, sie würde schwärmen wollen. Doch da wir sie mit einem beschnittenen Flügel erhalten hatten, kann das nicht sein.

Jungfernzeugung

Kippkontrolle Ableger

Im April noch ein properes Ablegervolk

Fatal: fehlt die Königin, fehlt auch das Pheromon, welches die Eierstockentwicklung der Arbeitsbienen unterdrückt. Mit den sich dadurch wieder entwickelnden Ovarien erweisen sie nun ihrem Volk einen letzten Dienst, indem sie Eier legen. Allerdings sind diese Eier unbefruchtet. Es wachsen durch diese Jungfernzeugung ausschließlich Drohnen, also männliche Bienen heran. Was einem Volk über den Winter wenig nützt, denn Drohnen werden im Winter nicht im Stock geduldet. Sie sind unnütze Esser.

Unser totgeweihtes Volk mussten wir nun auflösen, sprich: die restlichen Bienen wurden ins Gras gekehrt. Manche fliegen in einen anderen Stock, sie betteln sich dort ein. Doch Drohnenmütterchen (Afterweisel) sind durch die Entwicklung ihrer Eierstöcke zu schwer zum Fliegen. Sie dürfen auch nicht in einen anderen Stock gelangen, denn dort würden sie nun als vermeintliche Königinnen eine Anhängerschaft um sich versammeln. Schlecht für die wahre Königin und für die weitere Volksentwicklung.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Wir sind traurig, ganz klar, und auch für die Bienenpatin Felicitas ist das keine angenehme Nachricht. Schöne Stunden hat uns dieser Ableger beschert, ja, und natürlich steckte auch schon einiges an Arbeit und Herzblut drin. Das werden wir fortsetzen, nächstes Frühjahr mit einem neuen Ableger. Hoffen wir nun, dass alle anderen Völker gesund bleiben.