Der Totenfall

TotenfallUps. Was für ein Titel. Doch keine Panik. Der Totenfall ist – sofern er nicht überhand nimmt – ein natürliches Phänomen der Winterzeit. Wichtig ist, das Flugloch nicht zu klein zu halten. Was bei uns Menschen logisch ist, nämlich die Türen dicht zu schließen, um im Winter nicht zu frieren, ist in der Bienenhaltung grundverkehrt. Bei zu kleinen Fluglöchern verstopfen die toten Bienen den Ausgang, so dass es für die lebenden Bienen problematisch wird, ins Freie zum Abkoten zu gelangen. Panik im Stock mit tödlichem Ausgang wäre schlimmstenfalls die Folge.

Warum kommt es zum Totenfall?

Winterbienen leben zwischen 2 und 6 Monaten. Die durch Altersschwäche oder wegen Krankheit sterbenden Bienen verlassen normalerweise den Stock und kehren aus hygienischen Gründen nicht zurück. So leisten sie bis zum letzten Atemzug ihren Beitrag zur Gesunderhaltung des Volkes. Gerhard Liebig spricht in seinem Standardwerk „Einfach imkern“ von einer Abnahme des Wintervolkes zwischen Mitte Oktober und Mitte März von etwa einem Viertel bis zu einem Drittel. Normalerweise sollten 7.000 Bienen bis zum Frühjahr überleben.

Wie viel Totenfall ist normal?

Wer also ein normal starkes Volk (also mindestens vier Wabengassen voll bzw. etwa 10.000 Bienen) in den Winter gebracht hat, kann an der Menge des Totenfalls ablesen, wie es um die Volksgesundheit steht. Wobei natürlich diejenigen Bienen nicht mitgerechnet sind, die den Abflug ins ewige Himmelsblau geschafft haben. Ein 500g-Honigglas voll entspricht etwa 1000 Bienen, hat Liebig für uns mal ausgezählt. Mehr als drei Gläser voll sollten es demnach nicht sein, ansonsten deutet viel auf eine Varroose hin, also einen hohen Milbenbefall. Eine Oxalsäurebehandlung bei Temperaturen um die Null Grad wäre möglich, sofern sie nicht, wie gemeinhin empfohlen, bereits im Dezember erfolgt ist.

Wir hatten am 20.01.2013 an einem Volk (siehe Foto) eine gute Handvoll toter Bienen mit Hilfe eines Stöckchens aus dem Flugloch herausgekehrt, also soweit alles okay. Da wir ein Mäusegitter anbrachten, mussten wir die Arbeit für die Bienen übernehmen.

Ohne Mäusegitter werfen die Bienen ihre Toten selbst aus der Beute. Allerdings bleiben viele tote Bienen am Gitterboden hängen. Daher an einem milden Frühjahrstag die Beute anheben und von unten gegen das Gitter klopfen, damit der Totenfall vorne aus dem Flugloch herausfällt. Den Rest erledigen die Putzbienen dann selbst.

Oxalsäurebehandlung im Winter

Oxalsäurebehandlung im WinterOxalsäure ist eine organische Säure, wie sie auch im Rhabarber, in Schwarzem und Grünem Tee und sogar in Schokolade zu finden ist. Sie schadet den Bienen nicht, wohl aber der gefürchteten Varroamilbe.

Da die Oxalsäure nur auf den Bienen selbst, nicht jedoch – im Gegensatz zur Ameisensäure – in die von der Varroa begehrten Brutwabe hineinwirkt, wird sie im Winter aufgebracht, also in der brutfreien Zeit bis etwa vor Weihnachten. Bereits Ende des Jahres nämlich fangen Bienen oftmals wieder zum Brüten an, somit ist der Erfolg einer späteren Behandlung geringer.

Dieses Jahr hatten wir in Bamberg sehr lange auf Kälte gewartet. Wenige Tage vor Weihnachten hat es dann aber doch noch für wenige Stunden geklappt, bevor uns die nächste Warmfront an das nahe Osterfest erinnern wollte.

Nur eine Beute ließen wir aus, da wir beim zuletzt behandelten Volk den ungeordneten Rückzug antreten mussten. Den lieben Kleinen war es wohl doch etwas zu warm. Sie blieben nicht brav in der von uns erwünschten Traubenform beieinander, sondern sausten uns wütend ob der Störung ihrer winterlichen Ruhe um die Ohren, bzw. auf die Lippen. Ich sag‘ nur: sofort Apis mellifica C 30 alle 15 Minuten, später stündlich, und alles wird gut!  

Oxalsäurebehandlung Schritt für Schritt:

1. Bei einer Temperatur von 0 Grad, erfahrungsgemäß besser sogar noch ein wenig darunter, kann die Behandlung erfolgen. Am besten wäre es, es bliebe auch ein paar Tage später noch kalt. So kuscheln die Bienen zusammen und geben damit die Säure untereinander gut weiter.

2. Die Oxalsäure muss handwarm sein. Also entweder gut verpacken oder in einer ausrangierten Thermoskanne transportieren, dem vorsorglich ein Totenkopfzeichen aufgeklebt werden sollte … oder so.

3. An die Spritze einen Plastikschlauch befestigen, säurefeste Einmalhandschuhe überziehen und Schutzbrille aufziehen, … ein Atemschutzgerät ist nicht Pflicht, aber auch nicht dumm.

4. Die nach Vorschrift in der Apotheke oder an einer sonstigen dafür zuständigen Stelle erstandene, mit Zuckerwasser versetzte Oxalsäurelösung (Mengenformel: Anzahl besetzte Wabengassen, Minus 2, Null dranhängen = x ml) aufziehen und gleichmäßig je zweimal in jede Wabengasse träufeln. Die pulverförmige, kristalline Oxalsäure ließe sich auch selbst anmischen, was wir natürlich NIE tun würden … bestimmt viel gefährlicher als die ein paar Tage später von betrunkenen Zeitgenossen in der „Langen Straße“ verschossenen Feuerwerkskörper …

5. Am Stand nicht lange herum diskutieren, warum es in Deutschland noch immer nicht erlaubt ist, die bienenschonendere Behandlungsmethode des Verdampfens anzuwenden. [Aktualisierung am 11.12.2017: Seit Anfang 2017 ist Versprühen zulässig; Aktualisierung am 23.12.2018: Seit 01.10.2018 ist die Oxalsäure ad. us. vet. nicht mehr apothekenpflichtig, sondern freiverkäuflich. Also, geht doch!] Die Bienen frieren sonst und sie finden das eine wie das andere nicht wirklich lustig. Doch das finden Kinder auch nicht, wenn sie Zähneputzen sollen …

6. Nach einigen Tagen die Windelkontrolle durchführen. Allerdings kann man ohnehin nicht mehr viel ausrichten, egal, welches Ergebnis man vorfindet. So die vorherigen Ameisensäurebehandlungen erfolgreich waren und keine Reinvasion durch varroabestückte „Verflugbienen“ den mühsam errungenen Erfolg zunichte machten, dürften sich nur wenige Milben zwischen den Wachsstückchen abzeichnen.

Jungimkers Frage: Was bedeuten die vielen Wachsstückchen auf der Windel?

Ganz simpel – die Bienen fressen auch im Winter, und zwar an ihren Honigvorräten. Dazu muss, wie auch bei unseren Einmachgläsern, der Deckel aufgemacht werden. Die Wachsteilchen landen als Abfall auf der Windel. Also nicht erschrecken, sondern erst mit einer Lupe die „Bescherung“ betrachten.

[Ergänzt: 17.08.2019]

Winterliche Anti-Specht-Maßnahmen, oder: Beute(n)kunst einmal anders

„Tok-tok-tok-tok-tok“. Als Imkerin ändert sich so manche Wahrnehmung und Wertigkeit. Hat mich dieses Geräusch im Wald früher glücklich gemacht und verrenkte ich mir den Hals, um einen Blick auf den Verusacher zu erhaschen, so denke ich heute automatisch: „Hoffentlich ist Meister Specht nicht an unseren Beuten beschäftigt!“

Nun, kurz vor Weihnachten war es leider soweit. Unser erster Lochschaden an einer nagelneuen Beute. Und an einem Standort, wo wir die gierigen Vögel eher weniger vermutet hätten. Ich meine, eine Elster auffliegen gesehen zu haben, als wir uns dem Platz näherten. Schätzungsweise sind wir gerade noch rechtzeitig gekommen.

Unsere Sofortmaßnahme bestand lediglich darin, mit einer gerade greifbaren Palette das Loch abzudecken. Da wir zu wenig Zeit hatten, um einen Lochbohrer zu kaufen und es außerdem entschieden zu viel Winter war für eine Reparatur, griffen wir zuhause nach dem nächstbesten Abdeckstück, welches uns in die Finger geriet, einem Plastikkörbchen – und zum Farbtopf. So bestückt machten wir uns erneut zu unseren in hoher Gefahr schwebenden Bienen, die wir eigentlich wegen der anstehenden Oxalsäurebehandlung aufsuchen wollten – doch dazu in Kürze mehr.

Katzenkopf-Galerie als Spechtabwehr

Eine Katzenkopf-Galerie, so die Theorie, sollte Vögel abhalten. Die so genannte „Imkerkunst“ wurde justament geboren! Nicht zu verwechseln mit „Beute(n)kunst“. Na gut, mit weniger klammen Fingern gelingen mir die Miezen sicherlich besser. Auch sollte sich die Farbe bei ausreichend Plusgraden besser verstreichen lassen. Und in der Eile mischte ich Wasser- und Lacklasurfarbe untereinander. Ohnehin lassen wir die nächsten Katzen von Schülern innerhalb des geplanten Imkereischulprojekts malen. Aber vorher bitte ich doch um eure Bewertung: Welcher Katzenkopf ist der schönste?

Sofortmaßnahme gegen Spechtschaden

 

Literatur mit tollen Bildern: Der Specht – Feind der Beuten? via bienen-tv.

 

Gruseliger Anblick

Die Leiche ist über und über mit Stacheln bespickt, der Leib mumifiziert. Reglos liegt die Maus im Eck, getötet von wütenden Bienen – die allerdings nach ihrem Kamikazeangriff logischerweise ebenfalls tot daneben liegen*. Dieses Schlachtfeld zu verhindern ist des Imkers Aufgabe im Herbst.

Anbringen eines MäusegittersDeshalb bringen wir zu Beginn der kalten Jahreszeit ein Mäusegitter an. Es muss bestimmte Kriterien erfüllen. So sollte die Maschenweite 8 mm betragen. Eine Spitzmaus kommt vielleicht trotzdem noch durch, wenn sie es darauf anlegt. Doch sie futtert ohnehin nur die toten Bienen auf, und das ist ja okay soweit.

Sind die Maschen hingegen nur 6 mm eng (diese Mäusegittergröße gibt es auch), kommt die Spitzmaus blöderweise nicht mehr raus aus der Beute. Noch dazu, wenn sie sich den Bauch vollgeschlagen hat.

Flugkeil-gegen-MäusegitterDie Feldmaus hingegen ist zu groß, um durch das Gitter zu schlüpfen. Und vor allem vor dieser Spezies sind die Beuten zu schützen. Denn die Feldmaus baut Nester und zerstört dabei die Waben. Nicht gut. Vor hungrigen Spechten nützen die Gitter hingegen gar nicht. Wie wir das Problem lösen werden, darüber später mehr.Mäusegitter

Jungimkers Frage: „Frieren denn die Bienen nicht, wenn die Öffnung nun so löchrig ist?“

Nein, Bienen frieren im Winter nicht. Entgegen früherer Winterpraxis, Beuten sogar warm einzupacken, weiß man heute, dass dies grundfalsch ist. Sowohl der Unterboden bleibt nach wie vor offen, als auch das Flugloch muss nicht unbedingt eingeengt werden. Es kann ja sogar, wie zu lesen war, begittert werden. Denn die Bienen halten sich selber warm.

Dazu krabbeln sie sich zu einer kompakten Traube zusammen und halten im Inneren die Temperatur konstant. Und zwar immer die Temperatur, die gerade benötigt wird. Im Winter sind das bis zu 36 Grad, im Herbst etwas weniger. Damit jede Biene einmal ins Warme kommt, befindet sich die Traube in steter Rotation.

Wärmt man ihnen jedoch unnötig das Fell, fangen sie mit dem Brüten an. Obwohl es doch gar nicht die richtige Zeit ist dafür ist. Die geschlüpfte Brut möchte natürlich ausfliegen. Was sie nicht kann, denn die Flugtemperatur muss ca. 10 Grad betragen. Ein wachsendes Volk bräuchte mehr Futter, die Vorräte wären bald aufgebraucht. Was jedoch nicht aufzutreiben ist. Ein derartiger Wachstumskreislauf im Winter wäre suboptimal.

Auch ist eine Durchlüftung wichtig, um vor (Darm-)Krankheiten und Schädlingen wie die Wachsmotte zu schützen, die sich sonst in der zu warmen Beute entwickeln würden. Auch würden die Waben verschimmeln, und das kann nicht wirklich lecker sein.

Überhaupt sollten die Bienen, so wie wir Menschen eigentlich auch, spüren, dass es Winter ist und sich ausruhen. So sind auch wir ehrlich gesagt froh, dass es nicht mehr allzu viel an den Ständen zu tun gibt, freuen uns aber schon sehr auf die Frühjahrssaison!

Ergänzung 17.01.14:

* Kann jedoch sein, dass Bienen das sogar überleben. Weil Mäusehaut dünner ist als menschliche Haut, aus der Bienen ihren Stachel leider nicht ohne Verlust des Hinterleibs versuchen, herauszuziehen.