*8* Adventskalender der Bamberger Schulbiene 2024

Wildbienen Spezial / Deutsches BienenjournalEs gibt wunderbare und umfängliche Bücher über Wildbienen. Doch wenn es schnell und überzeugend gehen soll, Laien von der Schutzwürdigkeit von Wildbienen zu überzeugen oder Interessierten eine nicht allzu kompliziert wirkende Handreichung zu geben, mindestens dann ist Wildbienen Spezial des Deutschen Bienenjournals eine gute Wahl. Sozusagen Wildbienen-Wissen für Eilige und Eifrige.

Das Sonderheft erschien 2021 zuletzt in der 3. Auflage beim Herausgeber dbv network GmbH und will anlässlich unseres traditionellen Adventskalender endlich einmal rezensiert werden.

Die Protagonistinnen

„So leben die wilden Verwandten der Honigbienen“ lautet der Untertitel, und dabei sind natürlich nicht nur die Wildbienen, sondern auch deren Parasiten, die häufig viel prachtvolleren Kuckucksbienen gemeint. Diese führen „Ein Leben auf Kosten anderer“ (S. 26), haben jedoch nichtsdestotrotz ihre eigene Bestimmung und Daseinsberechtigung. Sie tragen so interessante Namen wie Goldwespe, Schmuckbiene, Blutbiene oder Gichtbiene.

Auch finden die Honigbienen ihren Platz, und zwar in einem Kapitel, welches derzeit wieder in aller Munde ist, mal mehr, mal weniger emotional geführt: „Honigbienen gegen Wildbienen?“ Nichts Genaues weiß man nicht, auch nach der Durchsicht von 146 Veröffentlichungen, und die Antwort zu einer möglichen Konkurrenzsituation ist „Es kommt darauf an“ und ein „entschiedenes Jein“. In Sachen Bestäubungsleistung wird die AG für Institute für Bienenforschung e. V. angeführt, die meint, „man sollte Wildbienen und Honigbienen nicht als Konkurrentinnen betrachten“, denn beide sind unverzichtbar.

Zurück zu den Wildbienen … wobei es schließlich nicht DIE Wildbienen kennenzulernen gilt. Diesen Anspruch, über 600 in Europa vorkommende Wildbienenarten in ihrer unglaublichen Verschiedenheit an Brut-, Paarungs-, Nahrungssucheverhalten etc. nur annähernd zu beschreiben, erhebt das Sonderheft auch gar nicht. Stattdessen werden in den jeweiligen Beiträgen meist nur die am häufigsten vorkommenden Arten zur näheren Betrachtung zur Biologie (S. 6), Lebensweise (S. 12) und zur Ökologie (S. 30) herausgepickt.
Etwas umfassender beleuchtet die Broschüre die Schar der Wildbienen in den beiden Beiträgen zur Bestimmungshilfe (S. 34, S. 65) und hat außerdem „Besondere Arten im Blick“ (S. 36).

Wie helfen?

Doch was die Leser sicher mit am meisten interessiert, ist, wie sie den Wildbienen helfen können. (Siehe dazu auch unsere Seite „Wie helfen?“.) Erst am Heftende (S. 62) wird die Wissbegierde mittels Praxistipps gestillt. Einer kurzen Erläuterung zu einem Sandarium für den Zwei-Drittel-Anteil der Wildbienen, die im Boden brüten, folgt das Alt- und Totholz als wichtiges Nistsubstrat. Das unvermeidliche (?) Wildbienenhotel mit den tatsächlich sinnvollsten Nisthilfematerial findet ebenfalls Platz auf einer Seite. Diese perfekt geraffte Darstellung ist ideal für ungeduldige Aktionisten, also Naturengagierte ohne größere Vorkenntnisse, jedoch mit reichlich gutem Willen.

An praktischen Handreichungen finden sich sodann ein Tischlein-deck-dich mit Steckbriefen zu „Trachtpflanzen“ (S. 58) – ein Begriff, den wir als Imker eher für die Nahrung unserer blütensteten Honigbienen kennen –, außerdem ein Blühkalender (S. 60) und Literaturempfehlungen.

By the way: Von den 8 Buchtipps auf der letzten Seite befinden sich immerhin 6 in unserem Bestand. Eine E-Book-Ausgabe und die Wildbienen Österreichs wären ohnehin nicht relevant für unsere Imker-Bibliothek. Also alles richtig gemacht – die Redaktion des Deutschen Bienenjournals mit seinen fundierten Vorschlägen und wir mit unserer bedachten Auswahl.

Fazit

Hm, in welchem Absatz bringe ich jetzt noch die anschauliche Doppelseite zum „Jahreszyklus“ mit seinen „typischen Abläufe[n] im Leben der Wildbienen“ (S. 19) unter? Oder die Vorstellungen und Reportagen zu beispielhaftem Wildbienenschutz in Braunschweig, Berlin und einer Landwirtin mit Herz in Meck-Pomm?
Egal, denn eines ist gewiss … ob in größere Zusammenhänge gestellt, als bildreiche Übersichten oder smarte Praxistipps: Wildbienen Spezial erfüllt alle Bedarfe, die Laien wie Multiplikatoren in Sachen Wildbienen an ein Themensonderheft stellen dürften. Bis auf das Kapitel mit der Konkurrenzdebatte, in der aktuelle Stellungnahmen (z. B. von Mellifera e. V. oder jüngst der Berufsimker) noch keinen Eingang finden konnten, auch in der 3. Auflage von 2022 weiterhin aktuell und empfehlenswert.


Wildbienen Spezial / Deutsches Bienenjournal; Sonderheft. Berlin. dbv network GmbH. 3. Aufl. 2021. ISBN 3-9820760-8-0.

Im Bestand unserer Imker-Bibliothek.

Veitshöchheimer Imkerforum 2023 (5): Konkurrenzdiskussion Wildbienen versus Honigbienen

Imkerforum in Veitshöchheim, Institut für Bienenkunde und ImkereiGleichwohl Dr. Hannes Beims als Fachberater für Imkerei aus seinem Wirkungskreis Oberbayern berichtet, ist die Konkurrenzdiskussion zu Wildbienen versus Honigbienen natürlich auch in anderen Regionen relevant.

Die Problematiken, die sich in Sachen Biotopschutz und ökologischem Landbau abzeichnen, sind ein Fingerzeig gegen die konventionelle Landwirtschaft. Doch mahnt er die Protagonist(inn)en ganz richtig an, sich vor Augen zu halten: Imkerei ist ganz klar Teil der Landwirtschaft und von daher von vielen Naturschutzauflagen ausgenommen. Noch schwieriger scheinen sich das Für und Wider von Honigbienenvölker in Naturschutzgebieten. Belegstellen auszuwirken.

„Da haben sich Abwege entwickelt“, meint Dr. Beims und gibt eine Vorgeschichte zum Besten, die zeigt, dass die Behörden in Sachen Naturschutz und Zuständigkeiten keine Klarheit haben oder schaffen können. Dies bezüglich der Einordnung und der Anwendungssicherheit der Rechtslage (hier: §23,a2,s1 30,a2, 40,a1 BNatSchG, BayNatSchG, Verordnungen zum Naturschutzgebiet). Sodann geht es um Eigentumsrechte, öffentliche Hand und Konkretisierung der Rahmenbedingungen (hier: Standplatz).

Es ist völlig klar: Etwaig geäußerte Bedenken müssen geprüft werden. Doch wer stellt das Einvernehmen mit der Naturschuzbehörde fest? Das ist nirgends festgelegt, eine Rechtssicherheit ist somit nicht gegeben. Es fehlen grundsätzliche Untersuchungen, es gibt keine Diskussionen, dafür viele offene Fragen und Befürchtungen, so Dr. Beims.

Irrelevante Begründungen, keine Völker im Naturschutzgebiet zu halten

Schild Naturschutzgebiet by pixabyFakt ist: Honigbienen müssen betreut werden. Was jedoch nicht heißt, dass es dabei zwangsläufig eine Veränderung bei den Standortböden gibt, mithin ein Ausschlussgrund. Klar, wenn dabei Autos abgestellt werden, dann könnte das natürlich ein berechtigter Einwand für das Halten von Bienen inmitten eines Naturschutzgebiets sein.

Auch ein Fakt: Pflanzen wird eine Vorzugsstellung durch Bestäubung gegeben. Dazu könne so mancher meinen, dass der Beflug von Pflanzen gleichzusetzen ist mit „Ausbringen von Tieren“, was in einem Naturschutzgebiet ebenfalls verboten ist. Dies bezieht sich jedoch nur auf jagd- oder fischbares Wild, das in den letzten 200 Jahren eingeführt wurde. Das kann bei der Imkerei also getrost verneint werden.

Was sind die Befürchtungen und Annahmen zur Konkurrenzsituation?

Immer wieder wird eine Konkurrenz um Nahrung angeführt. Tatsächlich haben Honigbienen einen hohen Bedarf an Futter. Ein Volk benötigt im Jahr etwa 50 Kilo Pollen, 70 Kilo Honig und 20 Liter Wasser. Doch sind sie dabei, da Massentracht bevorzugend, kaum auf Ruderalflächen und seltenen Pflanzen anzutreffen, wie sie von Wildpflanzen bevorzugt werden..

Wildbiene, Rote Mauerbiene, Osmia bicornis, Männchen und WeibchenDoch andererseits sichert die Honigbiene innerhalb eines kilometerweiten Flugradius die Bestäubung, so dass sie dadurch auch etwas für die Wildbienen tun, die von der Anzahl her weitaus geringere Populationen, einen geringen Nahrungsbedarf bei nur meterweiten Radius hervorbringen.

Außerdem ist die Honigbiene fast das ganze Jahr lang unterwegs, während die Wildbienen nur phasenweise auftreten, ergo nur wenig Zeit haben, die Blüten ihres Bedarfs zu besuchen und die Vermehrung derselben anzuregen.

Dr. Beims warnt allerdings vor einem Spill-over. Gibt es zu viele Honigbienenvölker auf einem zu kleinen Umkreis, könnten Krankheiten leichter übergreifen.

Biotopschutz

Durch die Habitats-Veränderungen gibt es nicht mehr genug Nistplätze für die Honigbiene, die ein Höhlenbrüter ist. Insofern ist die Imkerei eine Möglichkeit, die Honigbienenpopulation als Teil heimischer Ökosystem und Nahrungskettenbestandteil sicher zu stellen.

Sie steht in Sachen Nistplatz den vielen verschiedenen Arten und Gattungen von Wildbienen, die meist in unterirdischen oder ins Holz gefrästen Röhren nicht im Weg.

Honigbienen werden von Vögeln gefressen, was man durchaus zugunsten der Wildbiene betrachten kann.

Beims Fazit: Da es nur sehr spezielle Untersuchungen in Bezug auf Konkurrenzverhalten gibt, kann man diese nicht übertragen oder gar verallgemeinern. „Ein generelles Verbot von Honigbienen kann ich generell nicht unterstützen“

Fragen aus dem Publikum

Gäußert wurde die Befürchtung, dass der Naturschutz auf ihn zukommt.

Solange es keinen rechtskräftigen Bescheid gibt oder das Schreiben keiner Räumungsaufforderung entspricht, ist ein „vorauseilender Gehorsam“ nicht anzuraten.

Ein Verweis auf Ausnahme –> Wovon genau soll die Ausnahmeregelung gegeben werden?

Es besteht keine rechtliche Grundlage. In Betracht kämen drei Paragraphen (s. o.), doch habe Beims noch nie etwas gefunden, das Anlass gäbe, Honigbienen bzw. die Imkerei auch in Naturschutzgebieten zu verbieten.

Wenn ein Schreiben kommt, kann man sich die Satzung des Schutzgebietes anfordern. Aufmerksam durchlesen, und da werden Sie kein Verbot finden. Einzig, die Veränderung, das Zerstören, das Befahren zu finden.

Fragen aus dem Chat (aus Zeitgründen nicht bzw. durch den Vortrag beantwortet)

Wie sehen Sie dieses Argument: Konkurrenz bei Nahrungssuche sollte nicht gegeben sein. Wildbienen verpuppen sich bis spätens Juni, wo frühestens ein Flora-bedingter Nahrungsmangel auftritt. Quelle: https://www.wildbienen.info/biologie/solitaere_bienen.php

Wie viel Prozent der von Honigbienen bestäubten Pflanzen sind denn auch Nahrungsquelle für Wildbienen? Man könnte ja auch anders herum argumentieren, die Honigbiene schafft Nahrungsangebote für Wildbienen.

Es gibt meines Wissens nur sehr wenige „gute“ wissenschaftliche Untersuchungen. Wird sich das evtl. noch ändern?

Gibt es bezüglich dem Thema „wer beurteilt, ob Honigbienen eine Gefährdung darstellen“ Überlegungen, einen Ansprechpartner zu schaffen? Wenn ja, in welchem Bereich?

Bei Raps findet man im Internet [die Empfehlung]: 4 Völker pro Hektar.

Wie viel Prozent der Widlbienen bauen ihre Nester in die Erde?

Toller Vortrag! Seit Jahrmillionen leben Honig- und Wildbienen gemeinsam in Europa und haben vielfältige ökologische Mechanismen entwickelt, um gemeinsam im gleichen Lebensraum auszukommen – das ist anders als z.B. in Nordamerika.

Welcher Abstand bzw. Umkreis sollte zu Naturschutzgebieten eingehalten werden?

Eingangs dachte ich, es geht bei diesem Thema überwiegend um die Konkurrenz bei der Nahrungssuche, denn diese Diskussion erleben Imkernde regelmäßig auch außerhalb von Naturschutzgebieten. Dank des sehr strukturierten und informativen Vortrags hat sich dann aber die (rechtliche) Vielschichtigkeit dieses Themas gezeigt. Danke dafür!

In meinem Garten leben 10 Bienenvölker und Hunderte von Solidärbienen nebeneinander. Man sollte auch Pflanzen für diese Wildbienen in den Garten pflanzen.

Hier wäre der DIB in der Pflicht, einen „Musterprozess“ anzustreben.

In der Regel darf in Schutzgebieten die Landwirtschaft (und das müsste auch für die Imkerei gelten) im besherigem Umfang weiter stattfinden.

Das Herausdrängen von Honigbienenvölkern beschränkt sich leider nicht nur auf Naturschutzgebiete. So will der NABU Sachsen von der Stadt Leipzig die Honigbienenvölker im Stadtgebiet geregelt bekommen. Wir müssen uns deshalb für unsere Anliegen über unsere Vereine politisch engagieren.

In Berlin haben aber auch einige Imkervereine Angst vor zu vielen Bienenvölkern / Imker“kolleg:innen“, das kommt also teilweise auch „von intern“.

Allerdings gibt es gerade in Berlin eine extrem hohe Bienendichte. Es gibt die Zahl von für Wildbienen ungefährliche Dichte von 7,5 Völkern von km² in Berlin ist dieser Wert deutlich überschritten.

Nachtrag von Literatur am 10.11.2024:

18.07.2024: Wildbienen und Honigbienen – Keine künstliche Konkurrenz. Argumentationshilfe vom Berufsimkerbund / posted by Janine Fritsch.

18.03.2023: Dr. Robert Brodschneider: Konkurrenz Bienen vs Wildbienen (Youtube-Video (Dauer: 58:55)